„Stationen des Lebenslaufs“- Zwölftklässler verarbeiten ihre Sichtweise auf das Leben in lyrischen Texten

Im Deutschleistungskurs der angehenden technischen Abiturienten steht im zweiten Halbjahr des Jahrgangs 12 das Rahmenthema „Vielfalt des lyrischen Sprechens“ auf dem Programm. Auch wenn im Vorfeld fiel gemeckert wurde, da Lyrik bekanntermaßen nicht jedermanns Sache ist, haben die Lernenden schnell gemerkt, dass Gedichte viel mehr als einfach nur aneinandergereihte Worte sind und voller Kodierungen stecken, die es zu entschlüsseln gilt.

Der Schwerpunkt des vom Land Niedersachsen verbindlich vorgegebenen Rahmenthemas liegt im Bereich des Wandels lyrischer Ausdrucksformen. Unter dem Thema „Was ist der Mensch“ vergleichen die Lernenden lyrische Texte aus verschiedenen Jahrhunderten und erarbeiten sich unter Berücksichtigung inhaltlicher und formaler Aspekte Antworten auf die Fragen nach den Bedingungen der/ und Sichtweise auf die Existenz in der jeweiligen Zeit. Hier steht vor allem auch der Aspekt im Vordergrund, sich mit verschiedenen Lebensauffassungen, Menschenbildern, Lebensstationen und Krisen des Daseins auseinanderzusetzen.

Für besonders angeregten Austausch sorgte das Gedicht „Stufen“ von Hermann Hesse, dessen prägnanter Vers „und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ vielleicht auch lyrischen Kostverächtern ein Begriff sein dürfte. Hesse beschreibt das Leben in seinem prosaisch anmutenden Text als fortwährenden Prozess, bei dem auf jeden „durchlebten“ Abschnitt (bildlich: Stufe) ein neuer Lebensabschnitt folgt.

Nachdem sich die Lernenden intensiv mit der Sichtweise Hesses auf das Leben und dessen Verlauf beschäftigt hatten, erhielten sie die Aufgabe, sich einmal selbst an lyrischen Experimenten zum Thema „Lebensphasen“ zu versuchen. Die Ergebnisse wurden in der nächsten Deutschstunde begutachtet und z.T. vorgetragen. Anbei zwei besonders schöne Exemplare, die widerlegen, dass technische Abiturienten kein Gespür für Sprache haben. Vielen Dank an Maxi und Firat für die Einwilligung zur Veröffentlichung!

 

Die Sanduhr des Lebens 

Die Sanduhr des Lebens, die Zeit verrinnt

wie schnell, dass siehst du am Kind.

Gerade erst geboren, schon bald selbstständig geworden.

 

Flügge geworden verlässt du das Nest,

du schaust auf die Uhr und fragst dich nur,

was bringt mir der Rest?

 

Nun kommt der Job und die Karriereleiter,

schaust auf die Uhr und der Sand rinnt weiter.

Du hast viele Pläne und bekommst einen Schreck,

denn von deiner Zeit ist schon viel weg.

 

Du merkst wie die Zeit verrinnt, das geht geschwind.

Der Sand rinnt herunter, und noch bist du munter.

Es hört auf zu laufen, und du wirst das Leben aushauchen.

(Maximilian Rönnau, BGT 12B)

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Wetterleuchten

So wie ein Feuerfunke

im Dunkeln rasch verglüht,

so schnell ein Menschenleben

rasant vorüberzieht.

 

Kurz wie ein Wetterleuchten,

das schnell Vergangenheit ist,

so schnell vergeht auch

die Lebenszeit des Menschen.

 

Ein Bruchteil der Sekunde,

so kurz ist die Lebenszeit,

verglichen mit dem Zeitraum,

den man nennt Ewigkeit.

(Firat Süme, BGT 12B)