Politik hautnah: Lohner und Bersenbrücker Schüler duellieren sich im Niedersächsischen Landtag in Hannover

„Ruhe bitte, meine Herren, ansonsten muss ich Sie verwarnen“ – der Präsident des Niedersächsischen Landtags hatte am Dienstag, den 10.04.2018 allerhand zu tun, um seine Abgeordneten zu besänftigen. Die Diskussion des Gesetzesentwurfs, ob es in ganz Niedersachsen künftig nur noch so genannte „Schwerpunktberufsschulen“ geben soll, erregte die Gemüter. So soll laut Entwurf beispielsweise die AKS Lohne eine „Schwerpunktberufsschule Metalltechnik“ mit den zugeordneten Berufen Industrie- und Feinwerkmechaniker, Maschinen- und Anlagenführer sowie den Metallbauern werden. Wer beispielsweise Elektroniker für Betriebstechniker werden möchte, müsste dann künftig zur „Schwerpunktberufsschule Elektrotechnik“ nach Bersenbrück.

Nachdem sie sich in einer halbstündigen Fraktionssitzung beraten hatten, zogen die Abgeordneten der einzelnen Fraktionen während der Plenarsitzung argumentativ alle Register. Auch die sich anschließende Ausschusssitzung offenbarte ein Pro- und Contra-Lager. Kaum verwunderlich also, dass die Schlussabstimmung über den Gesetzesentwurf bedenklich knapp ausfiel.

Natürlich fand am Dienstag keine „richtige“ Abstimmung über den oben genannten Gesetzesentwurf in Hannover statt. Die Akteure waren auch keine richtigen Politiker, sondern Schüler, denn die Klasse BGT 12B des Beruflichen Gymnasiums Technik nahm gemeinsam mit der Bersenbrücker Berufsschulklasse MIN3/EMA3 an einem Parlamentsrollenspiel teil, um den Arbeitsalltag des Niedersächsischen Landtags kennenzulernen. AKS-Lehrer Michael Bartel und sein Kollege Dirk Kalinowski aus Bersenbrück fahren schon seit Jahren in regelmäßigen Abständen gemeinsam in den Landtag, damit die Lernenden durch die Simulation einen echten Einblick in die Praxis der Politik bekommen. Dass das Konzept aufgeht, davon konnten sich vor Ort nicht nur die mitgereisten Kolleginnen Judith Ellermann und Kirsten Grothaus überzeugen, sondern auch zehn angehende Lehrer sowie ihre Politik-Fachleiterin Monika Ress-Stadje vom Studienseminar Osnabrück. Vor allem vom Diskussionsvermögen der Lernenden zeigten sich die Besucher beeindruckt. Auch wenn das Rollenspiel im Unterricht daheim kurz thematisch vorbereitet wird, so gestaltet sich die tatsächliche Umsetzung im Landtag dann je nach Diskussionsfreude der Lerngruppen recht unterschiedlich. 

Während die Lohner-Schüler in diesem Jahr den Contra-Part übernommen hatten, argumentierten die Bersenbrücker für die Idee mit den Schwerpunktberufsschulen. Weder in der Plenar- noch Ausschusssitzung konnte ein eindeutiger Argumentationssieger ausfindig gemacht werden. Kein Wunder also, dass Bartel und sein Kollege Kalinowski es sich nicht nehmen ließen, in der zweiten Plenarsitzung vor der Schlussabstimmung selbst noch einmal aktiv zu werden, und ihre Fraktionen mit eigenen Diskussionsbeiträgen zu unterstützen. In der Endabstimmung wurde der Gesetzentwurf dann ganz knapp abgelehnt, was wohl nicht zuletzt daran lag, dass die Contra-Fraktion mit zwei Schülern mehr angereist war.

Alle Beteiligten zeigten sich hochzufrieden. „Sonst denkt man immer, dass Politiker da nur rumsitzen und „labern“, jetzt hat man selbst mal gesehen, wie schwierig es eigentlich ist, einen gemeinsamen Konsens zu finden, wenn so viele unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen“, resümierte ein Schüler der AKS den Tag. Im Anschluss an das – durch Frau Gerstmann und Herrn Köhler vom Besucherdienst des Landtags geleiteten – Rollenspiel hatten die Lernenden noch Gelegenheit, den FDP-Politiker Jan-Christoph Oetjen mit Fragen zu seinem Arbeitsalltag und seinen politischen Ansichten zu löchern. Leider waren die Politiker anderer Parteien an diesem Tag aufgrund von Gremiensitzungen verhindert.

Am Nachmittag erkundeten Lehrer und Schüler in Kleingruppen Hannover und ließen den Tag gemütlich ausklingen, bevor es gegen 16 Uhr mit dem Bus zurück nach Lohne bzw. Bersenbrück ging.

Weitere Infos zum Rollenspiel gibt es hier