FOT-Schüler debattieren aus Perspektive von UN-Vertretern über Rockwells Mosaik “The Golden Rule”

Am Freitag, den 06.09.2019 fungierte die Aula der AKS kurzerhand als Sitzungssaal einer außerplanmäßig einberufenen UN-Generalversammlung. Die Lernenden der Fachoberschule Technik schlüpften im Rahmen eines Projektes im Religionsunterricht von Lehrer Matthias Vossmann in die Rollen unterschiedlicher UN-Vertreter verschiedener Mitgliedstaaten, um über den Antrag des Irans zu entscheiden, dass das Mosaik “The Golden Rule” aus dem Eingangsbereich des UN-Gebäudes in New York entfernt werden soll. 

Das Mosaik “the Golden Rule” stammt von dem amerikanischen Künstler Norman Perceval Rockwell (1894-1978), der es in den 1960er Jahren im Rahmen seiner mehr als 40-jährigen Tätigkeit als Titelbild-Illustrator für die “Sarurday Evening Post” schuf. Die so genannte “Goldene Regel” – die aus frühgeschichtlicher Zeit stammt, von unterschiedlichen Glaubensrichtungen aufgegriffen wurde (z.B. Christentum, Hinduismus usw.) und auch immer wieder große Beachtung von Philosophen fand, gilt als Minimalkonsens für moralische Urteile. Am Bekanntesten ist die negative Formulierung „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem andern zu.” Das heißt also, man prüft mit dieser Regel die moralische Zulässigkeit einer bestimmten eigenen Handlung in Bezug auf andere Menschen, indem man sich fragt, ob man selbst von anderen Menschen derart behandelt werden möchte. Wenn man dies nicht möchte, so ist die eigene Handlung unmoralisch und man sollte sie nicht ausüben. Mit Hilfe der “Goldenen Regel” können also aus der eigenen Abneigung moralische Grenzen für die eigenen Handlungen abgeleitet werden (zum Beispiel: Wenn ich nicht möchte, dass mich jemand anschreit, sollte ich auch niemanden anschreien). 

Allerdings haben nicht alle Menschen, politischen Gebilde usw. die gleichen Vorlieben/ Abneigungen, weshalb die goldene Regel einige Schwachpunkte beinhaltet. Wenn beispielsweise ein Mensch, der liebend gerne spät ins Bett geht, sich fragt, ob er abends um 22 Uhr noch einen Bekannten anrufen kann, dann kommt er aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem anderen Ergebnis, als ein Mensch, der stets früh ins Bett geht. Die Übertragung der eigenen Vorlieben auf anderem führt in diesem Fall dazu, dass der Spät-ins-Bett-Geher ohne Bedenken um 22 Uhr zum Telefon greift – im Einklang mit der “Goldenen Regel” und den Früh-ins-Bett-Geher unsanft aus dem Schlaf reißt. Dieser wird selbstverständlich aus seiner Perspektive und ebenfalls unter Berufung auf die “Goldene Regel” dagegen protestieren… 

So einfach und einleuchtend, wie die “Goldene Regel” also zunächst erscheint, gestaltet sich ihre praktische Umsetzung daher bei Weitem nicht. Weitere Schwierigkeiten bei der Anwendung entstehen zum Beispiel auch immer dann, wenn für bestimmte Verhaltensweisen verbindlich gesetzte Strafen existieren – eigentlich müsste man ja annehmen, dass eine Politesse selbst auch keinen Strafzettel haben möchte, und deshalb einem Parksünder auch keinen verpasst…

Im Rahmen des Religionsunterrichtes bei Herrn Vossmann griffen die Fachoberschüler Technik das Problem und die unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten der “Goldenen Regel” auf und problematisierten es an der politische Frage, ob das Mosaik noch zeitgemäß ist oder nicht. Um der UN-Generalversammlung einen möglichst originalen Charakter zu verleihen, brachten die Lernenden typische Gegenstände mit, die das von ihnen repräsentierte Mitgliedsland symbolisieren sollten – so hatte die russische Delegation z.B. Matrjoschkas dabei.

Nach einer rund 90-minütigen hitzigen Diskussion, bei der die UN-Vertreter eine Vielzahl an Vorschlägen zum Umgang mit dem Mosaik hervorbrachten und den Antrag des Iran ausgiebig diskutierten, einigte man sich am Ende schließlich darauf, dass das Bild auf dem Mosaik bleiben darf, der Spruch – also die “Goldene Regel” jedoch abgeändert werden soll in den Spruch: “Jeder ist gleich und wird gleich behandelt”. Zwecks Gleichberechtigung/Gleichbehandlung der unterschiedlichen Sprachen stimmten alle UN-Vertreter außerdem dafür, neben der Fliese ein Tablet zu installieren, auf dem der Satz dann in allen Sprachen der Mitgliedsstaaten zu lesen ist. Abschließend reflektierten die Lernenden gemeinsam mit Lehrer Vossmann den Verlauf und das Ergebnis der diskussionsreichen Versammlung.