Heute, am 26. Juni 2025 wurde Andreas Landwehr offiziell in den Ruhestand versetzt – an einem ungewöhnlichen Datum, mitten in der Woche. Kein symbolischer Monatswechsel, sondern ganz pragmatisch: Die Überstunden mussten irgendwo hin. Ein stiller Schlussstrich für jemanden, der lieber macht als redet.
An seinem letzten offiziellen Schultag hatte der Fachpraxislehrer für Fahrzeugtechnik noch einiges auf dem Zettel. Um 9:30 Uhr hieß es Abschied im Lehrerzimmer, um 11 Uhr folgte die Urkundenübergabe durch Schulleiter Martin kleine Bornhorst. Wie man Landwehr kennt, hielt er sich lieber kurz. Lange Reden? Nostalgie? Nichts für ihn. Aber dass seine Frau Renate ihn zu diesem besonderen Anlass begleitet hat, war ihm dann doch wichtig.
Wer dachte, das war’s, kennt die AKS schlecht – und Andreas Landwehr noch schlechter. Um 13 Uhr wurde er unter dem Vorwand einer Werkstattübergabe in die Kfz-Halle gelockt. Genervt war er schon vorher – warum ausgerechnet heute, warum er, warum überhaupt? Dass dahinter seine Kollegen steckten, die sich eine besondere Verabschiedung überlegt hatten, konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen.
24 Jahre war Landwehr an der AKS – da geht man nicht einfach so. Nach einem symbolträchtigen Brauch musste er zuerst einen Nagel in ein Holzbrett schlagen und seine Schultasche daran aufhängen. Danach wartete die nächste Aufgabe: ein Slalom mit dem Fahrrad um Mülltonnen. Eine liebevolle Anspielung auf ein legendäres Missverständnis zwischen ihm und einem dieser stummen Behälter. Dieses Mal meisterte er den Parcours souverän – und durfte schließlich sein Geschenk entgegennehmen: ein Gutschein, stilecht verpackt in (na klar) einer Mülltonne.
Die Stimmung war so, wie er sie mochte: bodenständig, echt, mit Bratwurst vom Grill und einem Kaltgetränk in der Hand. Seine Fachpraxis-Kollegen waren fast vollständig erschienen – und das sagte mehr als jede Abschiedsrede. Auch wenn Landwehr sich selbst als „nicht teamfähig“ beschreibt, war an diesem Tag klar: Dieses Team hatte ihn sehr wohl geschätzt – mit all seiner Direktheit, seinem Engagement und seiner unverwechselbaren Art. Und auch er war sichtbar gerührt, obwohl er das niemals zugeben würde: „Schön, dass ihr alle da seid“, sagte er leise. Und das war ehrlich. Dass er zudem an diesem Tag sogar der Veröffentlichung einiger Fotos zugestimmt hat – nach all den Jahren ohne Bild auf der Homepage – zeigt, wie besonders dieser Abschied war. Und dass es eben doch Momente gibt, in denen man Prinzipien ruhig einmal gelassen aufweichen darf.
Seine berufliche Vita liest sich wie das Drehbuch eines bodenständigen Macherlebens: Ausbildung zum Kfz-Mechaniker bei Dinkgrefe in Holdorf, danach ein Jahr als Geselle, ein kurzes Intermezzo bei den Holdorfer Kunststoffwerken, acht Jahre Zeitsoldat bei der Bundeswehr – mit klarer Vision: „Ich mache die Meisterprüfung, will ausbilden – aber nie selbstständig sein!“ Nach dem Technikerabschluss im Siegerland kehrte er zurück nach Lohne, arbeitete als Werkstattleiter, bis es ihn 2001 an die AKS verschlug – wo er über zwei Jahrzehnte lang schalten und walten konnte. Und das tat er – mit einem eigenen Stil: kantig, konsequent, kompromisslos.
Legendär bleibt sein Mercedes-Projekt mit einer Schülergruppe: Zwei Jahre lang wurde in der Freizeit ein w126 280 SL restauriert – ein Projekt, auf das er heute noch mit Stolz zurückblickt. Auch wenn er sich selbst als Einzelgänger bezeichnet, sind es doch genau diese gemeinsamen Erlebnisse, die bleiben. Und die Schüler, die ihn heute noch grüßen, wenn sie ihm in der Stadt begegnen.
Mit der gleichen Klarheit, mit der er kurz vor dem Neubau die alte Kfz-Werkstatt leergeräumt hat (übrigens ganz allein – und ohne dass je Unterricht ausgefallen wäre), blickt Andreas Landwehr nun auf seinen neuen Lebensabschnitt: Leben! Genießen! Mit Frau Renate zum Nordkap fahren, einfach unterwegs sein, den Moment auskosten. Und natürlich den eigenen Oldtimer – einen Spider, Baujahr 1968 – wieder flottmachen. Das passende Geschenk dazu bekam er bereits vor einigen Tagen von seinen Kollegen aus der Fahrzeugtechnik: ein Radio für „ihren Spiderman“. Weil ihm dieser Spitzname so gut gefiel, entwarf er kurzerhand ein T-Shirt mit einem Bild seines Oldtimers und dem Schriftzug „Spiderman“, das er am Nachmittag seiner Verabschiedung stolz trug.
Landwehr geht – mit zwei lachenden Augen. Er selbst sagt, die Schule solle sich wieder stärker auf Grundsätze besinnen: auf Wertschätzung, Menschlichkeit, Haltung. Genau das hat er vorgelebt – manchmal leise, oft direkt, aber immer echt. „Ich bin raus“, könnte man meinen. Aber nein – am kommenden Dienstag schaut er nochmal zum Frühstück seiner Kollegen vorbei. Und dass die Holzabteilung ihm versichert hat, er dürfe jederzeit wiederkommen, freut ihn ganz besonders.
Seinen Lieblingsspruch hat er sich übrigens bei seinem ehemaligen Kollegen und Mentor Heinrich Becker gemerkt: „Ich hatte schon sieben Sommer – wie viele hast du noch?“ Jetzt gehören sie auch ihm. Und vielleicht passt er ja tatsächlich noch in sein Traumauto, den Opel GT – auch wenn, wie er selbst sagt, das Rauskommen inzwischen schwieriger ist.
Lieber Andreas – das ganze Team der AKS wünscht dir von Herzen noch viele wunderbare Sommer. Und danke für alles.